1994 haben das inzwischen aufgelöste zak und das IEF (damals noch das Kürzel für die Ursprungsbezeichnung Institut für Ehe und Familie) die allererste Ausbildung für Mediation in der Deutschschweiz angeboten. Im Rahmen dieses Lehrgangs waren schon damals 40 Stunden Supervision traktandiert – als Start in der zweiten Hälfte der Ausbildung.
Gleich am ersten Supervisionstag haben wir angehenden Mediator/innen realisiert, dass die Anregungen und Hilfestellungen des damaligen Supervisors im Widerspruch zum Gelernten standen. Im Rückblick ist das durchaus verständlich, denn das Wissen über das spezielle strukturierte Vorgehen in Mediation war damals noch unbekannt.
Da wir für diese neuartige, noch ungewohnte Praxis der Mediation optimal vorbereitet werden wollten, wurden wir bei den Institutsleitungen vorstellig. Unser Anliegen wurde umgehend aufgenommen, und Hannelore Diez (1935-2005), geniale Hauptdozentin unserer Ausbildungsgruppe, war glücklicherweise sofort bereit, auch die Rolle der Supervisorin zu übernehmen. Dabei arbeitete sie mit einem System und einer Struktur, die so nah wie möglich an jene der Mediation herankam. Als Teilnehmende nahmen wir das uns Sicherheit bietende Vorgehen dankbar an.
Das von Hannelore Diez kreierte Verfahren ist eine Umlagerung der Mediation auf die Supervision. Dieses damals neuartige Konstrukt wird der Mediation und den doch sehr anspruchsvollen Vorgehensschritten vollauf gerecht:
Phasen-schritte Mediation Mediations-Supervision
- Einführung Einführung – ausführlicher als in der Mediation
- Themensammlung Sammlung der Fälle u. Themen der Supervisanden
- Interessen und Bedürfnisse Hypothesen (med. Arbeitsannahmen)
- Optionen Optionen („…wenn es mein Fall wäre…“)
- Verhandeln Entscheid hinsichtlich Handlungsoptionen
- Vereinbaren Vereinbarung für Weiterarbeit
In der Mediation war die Interessen- und Bedürfnisarbeit für Hannelore Diez zentral.
Auf die gleiche Wichtigkeit beruft sich in der mediationsanalogen Supervision Schritt 3: Hier geht es um die äusserst anspruchsvolle Arbeit mit den ressourcenorientierten Mediations-Hypothesen (nach John Michael Haynes, 1932-1999, einem der drei entscheidenden Pioniere der neuen Mediation).
Im anschliessenden Artikel beschreibt Rolf Münch die praktische Anwendung der mediationsanalogen Supervision.
Hannelore Diez hat uns im Mediations-Team St. Gallen über mehrere Jahre hinweg supervisorisch nach ihrem System gewinnbringend begleitet.
Noch vor der Jahrtausendwende bot sie 1999 ihre Supersvisionsform erstmals als Weiterbildung im deutschsprachigen Raum am IMS in München an. Ich nutzte diese Chance. Das primäre Erlebnis war für mich überraschend: ich habe ein entscheidend tieferes Verständnis für Mediation erlangt. Zwei weitere Vorteile dieser Supervisionsform sehe ich in der Schulung einer generell mediativen Haltung und in der Folge im systemisch mediativen Alltagshandeln. In den 20 Jahren, in denen ich diese einzigartige Supervisionsform in verschiedenen deutschsprachigen Ausbildungen und mit Mediator/innen in der Praxis einsetzen darf, habe ich diese mediationsanaloge supervisorische Arbeitsweise erweitert und dazu 22 methodisch-didaktische Werkzeuge entwickelt.
Die Strategie der mediationsanalogen Supervision wird von verschiedenen Instituten und Fachhochschulen im In- und Ausland als Weiterbildung angeboten.
SDM-anerkannte Weiterbildungen mit mindestens 100 Stunden umfassen folgende Hauptziele:
- Leitung von Supervisionen mit Mediator/innen
- Erkenntnis, dass und wie die Anwendungen des erlernten Wissens in supervisorischer Tätigkeit auf andere Felder des beruflichen Alltags übertragen werden können